Dienstag, 1. März 2011

Abschied von Buenos Aires

 
Die Lobby unseres Hostel Sabatico.
In den zwölf Tagen hier haben wir
viele nette Menschen getroffen. 
Unser Zimmer: schön groß und sogar
halbwegs sauber. Das ist nicht
immer so in Südamerika...
Jetzt sitzen wir also in zwei alten plüschigen Ohrensesseln, in der Lobby unseres Hostel Sabatico, unserem Wohnzimmer für die letzten Tage. Es ist Mittag am 1. März, in wenigen Stunden geht der Nachtbus zum nächsten Etappenziel im Norden. Hier in Zentralargentinien machen sich erste Anzeichen des Herbst bemerkbar. Ein paar Sonnenstrahlen fallen durch das große, mit hölzernen Intarsien verzierte Panoramafenster. Sie schneiden keine so scharfen Schatten mehr wie noch bei unserer Ankunft in Südamerika vor zwei Monaten; sie suchen sich einen etwas schrägeren Weg; verteilen ihre Hitze ein bisschen gnädiger; hellen den dunklen Raum aber dennoch wirkungsvoll auf. Die Stimmung passt zu Buenos Aires. Ich bin ein bisschen melancholisch, denn der Abschied naht. Ich hab die Stadt in den letzten Tagen ins Herz geschlossen. Doreen, wie fühlst du dich? 

Der Friedhof "La Recoleta":
Argentinier ehren ihre Ahnen mit
unfassbar monumentalen
Gräbmälern. Das Grab von Eva
"Evita" Peron lockt Tausende.

Doreen am Eingang zur Tangoshow
"Tango Porteno". Schönes 30er-
Jahre-Drumherum. 
Ich fühle mich genauso, leider…oder doch nicht? Sollte ich froh sein, dass ich das erste Mal während unserer Reise nach so wenigen Tagen einen Ort so sehr mag? Ich denke schon. Trotzdem macht mir das den Abschied nicht leichter. Wer will schon wieder ewige Stunden in einem Bus sitzen, um in einem Dorf zu landen, in dem es von Touristen nur so wimmelt? In Iguazú bei den Wasserfällen stelle ich es mir genau so vor. Und hier in der Capital Federal, wie Bs As gerne schlicht und einfach genannt wird, bekommt man die Argentinier so schön live mit. Ich glaube das werde ich hauptsächlich vermissen. Die Müllsammler, die so tapfer versuchen zu überleben; die netten Busfahrer, die uns nicht nur einmal unter die Arme gegriffen haben; die immer lächelnden Rezeptionisten hier im Hostel. Was hat Dich denn am meisten in seinen Bann gezogen? 


Fund in der Calle Florida: 
eine Spielhalle mit fiesen Toiletten, 
aber etlichen tollen Sega-
Rennspielen. Auch "Scud Race".  
Ich glaube, am meisten bewegt mich das Auf und Ab der Gefühle, die wir hier gemeinsam erlebt haben. Wir haben geweint und gelacht, geflucht und gestaunt, gestritten und uns versöhnt. Ich denk an viele kleine Höhepunkte, zum Beispiel als wir die Einkaufsmeile Avenida Florida entdeckt haben, voller Menschen wie in einem Ameisenhaufen. Wie schön das war, als wir dort nach langer Sucherei endlich einen Trekkingshop gefunden hatten, und uns der freundliche Verkäufer einen wundervollen Ersatz für Deinen verloren gegangenen Schlafsack anbieten konnte. Die Spielhalle, wo wir uns beim Airhockey ausgetobt haben; und wo ich reihenweise alte Sega-Rennspiele starten konnte, inklusive meinem geliebten "Scud Race". 
Das Nachtleben von Buenos
Aires. Du sitzt im Cafe,
trinkst einen Cocktail und
lauschst unglaublich guten
Straßenmusikern... dem
Gitarristen im Hintergrund etwa.
Ich denke auch an unseren Abend, wo wir uns ausgesprochen haben. Wo wir beschlossen haben, dass wir an unserem Miteinander und an unseren Tagesabläufen etwas ändern müssen. Dass wir alltägliche Rituale und Strukturen brauchen, um uns wohlfühlen zu können. Seitdem wir den Wecker stellen, bin ich zwar öfter mal müde; aber irgendwie fühle ich mich ausgeglichener und verträglicher. Empfindest du das auch so? 

Die Busse - "Collectivos" - von Buenos
 Aires.  Verwirrend, ja. Aber die Linien 
23 und 60 haben uns zuverlässig durch 
das Gewühl aus Menschen und 
Straßen transportiert.

Ja, das tue ich. Ich fühle mich so viel besser mit dem noch vor drei Monaten gehassten Wecker. Ich wollte eigentlich ein Jahr ohne ihn verbringen, aber wir Europäer sind wohl so gestrickt, dass er uns Halt und Ordnung gibt. Und das merke ich wie verrückt 
Die Menschen von Buenos Aires
verbringen viel Zeit beim sinnieren
in Straßencafes. Dieses hier
im Barrio Palermo nimmt sich
US-Diners zum Vorbild. 
und bin überglücklich, dass ich dadurch endlich angekommen zu sein scheine…auf unserer Reise. Vielleicht fühle ich mich hier deshalb so wohl. Bs As ist die erste Station, die ich richtig bewusst wahrgenommen habe und das aber auch erst, seitdem wir diesen Abend hatten, an dem wir das Ruder nochmal rum gerissen haben. In jeder Beziehung…genau so wie Du es schreibst. Ich kann Dir gar nicht sagen wie viel glücklicher ich seitdem bin. Danke, dass Du mich aufgerüttelt hast und danke Buenos Aires, dass wir uns von Deinen vielen Extremen anstecken lassen durften. 


Doreen am Pier im Barrio Puerto Madero. 
Hier ist übrigens das Restaurant La Parollacia
 zu finden. Wir haben dort zwei
 wundervolle Abende verbracht. 
Unglaublich lecker, unglaublich nette Menschen!




2 Kommentare:

  1. ...ja dann und wann mal Stadt aber auf Dauer wär das nichts für mich. Man sieht halt doch, als Sadtpflanzen fühlt ihr euch wohl in der Stadt (mehr als auf dem Lande?). Könnt ihr da nicht einfach länger bleiben?

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  2. So ganz einfach ist das leider nicht. Zumindest die preiswerten und guten Zimmer in Buenos Aires oder sonstwo sind gerne ausgebucht, wenn Du nicht vorab reserviert hast. Wir müssen uns also schon etliche Tage vorher Gedanken machen, wann wir wo sein wollen. Und wenn wir dann was gebucht haben, ist´s mit Storno oft schwierig bzw. das wird dann teuer. Hätten wir mehr Geld, und könnten auch mal teurere Unterkünfte bezahlen, wäre alles einfacher. Aber mit 1000 Euro Budget pro Nase... da müssen wir halt haushalten. Das ist manchmal schade... aber wir haben noch keinen Weg gefunden, den Planungs-Stress zu vermeiden.

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